Szene im Aufzug

Die Türen glitten zu, der Raum wurde kleiner, stiller. Nur das Summen der Mechanik, das gelegentliche Rucken, wenn die Kabine stoppte. Sie stand neben ihm, ein Stück entfernt, und doch füllte ihre Präsenz den gesamten Aufzug.

Er war sich ihrer Nähe überdeutlich bewusst – der Duft ihres Parfums, herb und klar, nicht verspielt, sondern wie eine Ansage. Sie sprach zuerst, ohne ihn anzusehen:

„Spät noch hier.“

Es war keine Frage, eher ein Urteil. Er nickte. „Ja.“ Seine Stimme klang in dem engen Raum lauter, als er wollte. „Sie auch.“

Langsam drehte sie den Kopf. Ihr Blick traf ihn mit einer Ruhe, die mehr bedrängte als jedes schnelle Fixieren. Sie maß ihn, wie man etwas prüft, das vielleicht nützlich, vielleicht belanglos ist.

„Ich arbeite gern, wenn die anderen schon weg sind“, sagte sie schließlich. „Man sieht klarer, wenn das Feld leer ist.“

Er schluckte. „Das klingt … strategisch.“

Ein kaum merkliches Lächeln zuckte über ihre Lippen. „Strategie ist nichts anderes als Kontrolle.“

Die Worte hingen im Raum, schwer, dicht. Er spürte, wie sie nicht nur eine Feststellung waren, sondern auch eine Botschaft – und vielleicht eine Warnung.

Die Kabine ruckte, hielt an, doch niemand stieg zu. Für einen Moment waren sie allein in einem luftdichten Schweigen. Er spürte, wie sein Herz schneller schlug.

Sie wandte den Blick wieder nach vorn, als hätte sie schon genug gesagt. Ihre Haltung blieb aufrecht, die Schultern locker, doch es lag etwas Unnahbares in der Art, wie sie den Raum beanspruchte – als sei er ihr Untertan, ohne dass sie ein Wort darüber verlor.

Er überlegte, etwas zu erwidern, doch jede Silbe, die ihm einfiel, schien unzureichend. Es war, als ob sie die Regeln setzte: Sie sprach, wann sie wollte. Er durfte reagieren – oder schweigen.

Die Türen öffneten sich. Sie trat hinaus, ohne sich umzudrehen, ohne ein weiteres Wort.

Er blieb zurück, die Hand an der kalten Metallwand, als müsse er sich abstützen. Erst jetzt merkte er, dass er die Luft angehalten hatte.

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